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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Dass Dieter nicht singen kann, weiß das ganze Land" Macht Bohlen das schon immer so?

Große Töne sind Fans von Dieter Bohlen gewohnt – aber auch schiefe? Sein jüngster Auftritt bei Florian Silbereisen ließ aufhorchen. Seine Zukunftspläne erst recht.
Dieter Bohlen hielt sich mit scharfer Kritik nie zurück. Jahrzehntelang füllten seine teils verletzenden Urteile die Sendezeit bei "Deutschland sucht den Superstar". Besonders seine Rolle als Chefjuror in der RTL-Show warf schon häufig die Frage auf, wie sehr Bohlens Anspruchshaltung an andere und sein eigenes musikalisches Gesangstalent im Verhältnis stehen.
Schließlich gibt es seit Jahrzehnten Berichte darüber, dass Bohlen zwar ein erfolgreicher Geschäftsmann und Produzent ist, aber im Studio gerne mal anderen den Vortritt lässt. Wie viel Anteil er etwa an dem Gesang von Modern Talking hat, gilt bis heute als umstritten – Thomas Anders jedenfalls behauptete vor etwa zwei Jahren in seinem Podcast: "Also bei mir im Studio hat der noch nie gesungen." Dennoch tourt Bohlen unter dem Motto "The Spirit of Modern Talking. Jetzt oder nie" durch die Lande.
"Dass Dieter nicht singen kann, weiß das ganze Land"
Als Dieter Bohlen am Samstagabend in der Silbereisen-Show "Schlagerbooom" im Ersten auftrat, wurden bei einigen Zuschauern wieder Erinnerungen an kritische Töne in Richtung Bohlen wach. Denn der 71-Jährige präsentierte zwar alte Hits wie "Cheri Cheri Lady", sang aber offensichtlich nicht live auf der Bühne – sondern nutzte stattdessen ein Play-back für seinen Auftritt. Viele Beobachter fragten sich: Macht Bohlen das eigentlich immer so?
"Dass Dieter nicht singen kann, weiß das ganze Land", wusste Schlagerstar Nino de Angelo schon 2004 zu berichten. Wenige Monate zuvor, im November 2003, war es vor einem Berliner Gericht zu einem interessanten Prozess gekommen. Damals klagte der Musiker Birger Corleis gegen Dieter Bohlen, weil er mehr Geld für seine Beteiligung an den Modern-Talking-Alben haben wollte. Doch auch wenn es das Gericht als erwiesen ansah, dass Corleis dem Popduo seine Stimme lieh, gewann Bohlen am Ende den Prozess.
Dennoch brachte die bereits 2001 begonnene Auseinandersetzung bemerkenswerte Details ans Licht. Für alle sechs Modern-Talking-Alben, die von 1984 bis 1987 entstanden, wurden Studiosänger engagiert, die den ikonischen Synthie-Pop-Sound ermöglichten. Rolf Köhler, Nino de Angelo, Michael Scholz, Detlef Wiedeke und Birger Corleis sollen demnach jahrelang die hohen Falsettstimmen in den Refrains gebildet haben.
Laut Aussagen dieser Musiker habe Dieter Bohlen hingegen kaum gesungen – und wenn, dann habe dies teilweise "abenteuerlich" geklungen, wie etwa Birger Corleis in der "Akte"-Doku "Der Titan des Plagiats" von Sat.1 im Jahr 2004 behauptete. In diesem Bericht werden auch Hörproben von Bohlens Demo-Tapes vorgespielt. Der deutlich hörbare Qualitätsunterschied zwischen dem, was Bohlen musikalisch darbot und dem, was am Ende in den Versionen der Albumtitel herauszuhören war, ist bis heute frappierend.
"Nicht mal eine Talkshow in der Mongolei"
Nach der Trennung von Modern Talking schoss etwa Thomas Anders mehrfach gegen seinen früheren Mitstreiter. 2023 sagte er über Bohlen: "Die Frage ist einfach, warum tut er sich das an? Das ist doch nicht gut. Wenn doch jemand so einen Qualitätsanspruch nach außen kehrt und auch bewertet, warum gebe ich mich auf so ein glitschiges Terrain, wo jeder sagen kann, nicht mal eine Talkshow in der Mongolei würde dich weiterlassen."
Der Mann, der bei DSDS Gesangskarrieren mit seinen Urteilen zerstört, bevor sie anfangen – und der in der ARD bei großen Schlagershows mit Silbereisen über künftige, gemeinsame Projekte philosophiert, bringt selbst live auf der Bühne keine sauberen Töne heraus? Die Kritik an Dieter Bohlen und seiner Musik ist so alt wie seine Karriere selbst. Dennoch hat er über Jahrzehnte Erfolge gefeiert und Millionen verdient.
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Selbst als Frank Farian in seinem Buch "Stupid Dieser Bohlen" mit dem Musikproduzenten abrechnete und Anfang der 2000er eine Schlammschlacht lostrat, schadete das Bohlen nicht. Sein Händchen für Hits, sein Gespür für massentaugliche Pop-Balladen bescherte ihm die Gunst des Publikums – und alles, was im Studio entstand, geschah zum einen hinter verschlossenen Türen und ermöglichte auch immer den ein oder anderen kompensatorischen Eingriff.
Nur wenn Bohlen tatsächlich mal live sang, fiel der Unterschied zu den professionell produzierten Studioversionen schnell auf. So wie hier auf seiner Tour im Jahr 2020, als er bei einem Live-Auftritt in Oberhausen offenbar selbst über seinen Gesang schmunzeln muss. Ein wenig wirkt es fast so, als gehöre die selbstironisch angehauchte Inszenierung – vorrangig alles rund um die Kopfstimme – zum Bohlen-Image dazu. Zumal Play-back-Auftritte im Fernsehen nicht ungewöhnlich sind, im Gegenteil.
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Wobei dennoch die Frage bleibt, wie authentisch Bohlen mit solchen Auftritten und angesichts seiner sonst zur Schau gestellten Anspruchshaltung ist.
"Was Milli Vanilli gemacht haben, ist kriminell", sagte er vor langer Zeit mal dem "Stern" in einem Interview. 1990 war das. Und Bohlen sagte weiter: "Man darf mit Teenie-Träumen nicht so umgehen. Ich war als Teenie der totale Beatles-Fan. Wenn mir einer gesagt hätte, Paul McCartney singt nicht selbst, wäre meine Welt zusammengebrochen."
- Eigene Recherchen
- youtube.com: "Dieter Bohlen - Der Titan des Plagiats - Akte 03 Dokumentation ..."
- rp-online.de: "Nino de Angelo angeblich 'die wahre Stimme von Modern Talking'"
- ARD: "Schlagerbooom Open Air" vom 21. Juni 2025
- twitter.com: #Schlagerbooom
- youtube.com: "Dieter Bohlen LIVE @ MEGA Tour - Full Set - Oberhausen, 06.03.2020"
- spiegel.de: "Sang er nicht nur schlecht, sondern überhaupt nicht?"
- bild.de: "Titanen-Treffen im Bademantel" (kostenpflichtig)